TRICOLORE
- Seraina
- 30. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Okt.
Beim Trinken von Milch verschiedener Tierarten bemerken wir sofort deren eigenen Charakter.
Die Ziegenmilch gibt sich bereits beim Riechen zu erkennen; die Schafmilch hinterlässt einen Fettfilm im Gaumen und wir empfinden sie voller, vielleicht süsser; die Kuhmilch ist den meisten am Vertrautesten. Aber schon allein bei der Kuhmilch gibt es merkliche Unterschiede.
Obwohl die Inhaltsstoffe weitgehend dieselben sind, gibt es feine Unterschiede, die sich nebst der sensorischen Wahrnehmung auch auf Prozesse in unserem Körper auswirken. Schafmilch ist gehaltvoller mit einem höheren Gehalt an Eiweiss, Fett und Mineralsalzen. Ziegenmilch ist auf Grund der kleineren Fettkügelchen und einer anderen Eiweisszusammensetzung (mehr Beta Casein, weniger Alpha Casein) meist verträglicher als Kuhmilch und enthält mehr der 6/10 essentielle Aminosäuren. Die Caprylsäure, eine gesättigte Fettsäure, welche in der Milch von Schafen und Ziegen enthalten ist, verleihet der Milch bzw. dem daraus entstehenden Produkt eine "animalische Aromanote".
Die Eigenschaften beeinflussen auch die Handhabung bei der Verarbeitung. Die Milch reagiert auf Temperatur, mechanische Einflüsse und die Fermentation unterschiedlich. Während Schafmilch beispielsweise eine gute Ausbeute hat, braucht die Milch von Ziegen länger zum Ausdicken und die Gallerte ist schwächer, bzw. anfälliger auf Verluste.
Quelle: Kursunterlagen Skript Axel Dippold Molki Stans, Plantahof Landquart.
Schon einiges über die Eigenschaften gelesen und gehört, möchte ich in Gesprächen mit Käsern und bei Eigenexperimenten mehr über die Auswirkungen der Milchart in der Weiterverarbeitung erfahren.
So lande ich in der Sennerei Sufers (sennerei-sufers.ch).
In Sufers, einem der Dörfer in der Region Viamala (Kanton Graubünden), wird die Milch von allen drei Tierarten verkäst und diese wohnen dazu noch in biologisch betriebenen Höfen im Dorf oder der unmittelbaren Nachbarschaft (Gemeinde Rheinwald). Im Sommer wird die Milch von den Alpen in die Sennerei gebracht.

Die sensorische Palette der Käse in der Verkaufsvitrine wird zudem optisch durch den grauen Mascarplin erweitert. Und dieser ist der Hauptgrund für meinen Besuch bei Christian Gehrig, dem Käsekreateur und Produktionsleiter der Sennerei Sufers.
Der Mascarplin ist ein Ziger aus Ziegenmilch, der als Frischkäse oder nach einer sechswöchigen Reifung aufgetischt wird. Die Ziegenmilch wird gleich nach der Ankunft im Pasteur auf 92.5°C erhitzt. Dann gibt Christian als Fällungsmittel Zitronensäure hinzu (dabei wird das Eiweiss Albumin gewonnen. Das Casein bleibt in der Molke zurück. Die Schweine freuts.). Nach fünf Minuten schöpft er die Gallerte in zylindrische handgrosse Käseformen ab. Der Frischkäse wird nun mehrmals in kurzen Intervallen gewendet und verliert dabei immer mehr Molke, wird kompakter und formstabil. Nach dem Abtropfen wird er einmalig trocken gesalzen.

Nebst Fragen zur Herstellung des Teiges, wollte ich v.a. wissen, welche Aufmerksamkeit er dem Naturschimmel zukommen lässt, damit dieser sich gleichmässig auf der Oberfläche entwickelt - je grauer desto besser oder?
Nicht in Sufers. Christian Gehrig, erzählt mir von seiner Aversion gegen den Grauschimmel und seiner Mission, diesen weg zu züchten. Blau-Grün soll er werden. In mir blitzt sofort die Farbe des Meeres auf und die Vorstellung, wie so manch Kunde der Anblick glustig machen könnte. Einige Anpassungen hätte er bereits vorgenommen und konnte auch schon eine Entwicklung in die angestrebte Richtung beobachten.
Christian's geschärfte Wahrnehmung für Farben zeigt sich mir während diesem Morgen gleich mehrmals. Weiss sei nicht gleich Weiss, und auch der Fettgehalt lasse sich in der Farbe der Molke erkennen. Ist die Milch fetthaltiger, verstärke sich der Grünton. Und als er es sagt, sehe ich es auch.
Eigenexperimente
Seit Längerem stelle ich zu Hause Joghurt her, bisher mit Kuhmilch. Nun bin ich neugierig, was geschieht, wenn ich dazu Schaf- und Ziegenmilch verwende...
... die Schafmilch schäumt beim Aufkochen stark auf (hoher Proteingehalt?) und beim Rühren spüre ich die Dichte. Die Ziegenmilch hingegen schäumt deutlich weniger.
Nach derselben Zeit in der Wärmebox (Arbeit der thermophilen Kulturen die den Milchzucker zu Milchsäure verstoffwechseln und das Joghurt fest werden lassen) ist das Schafjoghurt stichfest, das Ziegenjoghurt noch halbfest. Meine Überlegung hierzu: im Vergleich zu der Mengenzugabe der Kulturen bei Kuhmilch werde ich beim nächsten Mal bei der Schafmilch halb soviel und bei der Geissenmilch etwas mehr Joghurtkulturen beigeben. Ausserdem bin ich gespannt, ob das Schafjoghurt, welches bei diesem Versuch recht sauer war, etwas Restsüsse vom Milchzucker beibehält.
Cappuccino: mit Schafmilchschaum ist für uns zu dominant im Verhältnis zum Kaffee. Der belegende Film im Gaumen störend. Als warme Milch mit Vanillemark/-samen, Milchshakes oder Smoothies könnte ichs mir aber als Zwischenmahlzeit super vorstellen.
Schafjoghurt evt. als Alternative zu: griechischem Joghurt, welcher sich v.a. durch einen höheren Eiweiss- und Fettgehalt auszeichnet oder aufgeschlagenem Rahm bei kalten Desserts.

Kommentare